Die Kultfilme der 90er definieren sich so:
Kleines Budget, große Knarren, markante Sprüche und skurrile Typen.
"Pulp Fiction" ist so ein Beispiel, "Dei Mudder sei Gesicht" auf seine
Art und Weise auch. Taratino`s Streifen kommt aus L.A., dieser Hobbyfilm
hier aus Winneden ...
Die Macher von "Dei Mudder sei Gesicht"
Für alle die den Film nicht kennen, hier die Handlung in Kürze:
Die kriminellen Türken Kermet Dünger und Öcrem Drehcram, sowie der Italiener
Lorenzo di Napoli, lernen sich im Knast kennen. Nach einem gemeinsamen
Ausbruch gründen die drei zusammen mit einem Albaner eine Gang und machten
die Stadt Winneden unsicher. Sehr zum Leidwesen von Oma Ochsenmauler, ihrem
Dackel Waldi und ihrem fanatischem Enkel Bruce. Lieben Besuch hingegen gibt`s
ab und an von Tante Fatma, einer türkischen Großmama mit Tütenfetischismus.
Bei einer Schlägerei im Park verliert Kermet im wahrsten Sinne des Wortes den
Kopf, was tödliche Folgen nach sich zieht. Darauf hin begraben ihn seine Freunde
in bester "friedhof der Kuscheltiere"-Manierauf einem alten Waldfriedhof. Am Schluß
kehrt Kermet als sächselnder Ossi-Zombie zurück ...
Die Macher vom Gesicht
Und diese fünf Jungs haben dieses Stück Zelluloid in die Welt gesetzt:
Jörg Öchsle (21), der noch zur Bundeswehr geht und im Film den Lorenzo spielt.
Öcrem Drehcram heisst eigentlich Tiho Sliskovic (21) und macht eine Lehre
zum Industriemechaniker. Joe Diehl (21) ist Bruce im Film und Graphikdesigner
im richtigen Leben. Der Albaner heisst Hardy Strohn (20), welcher technische
Kybernetik studiert. Last but not least Wäre da noch Simon Mora (21), Ausendienstler
bei einer Werbeagentur und die leibhaftige Verkörperung von Kermet, Tante Fatma
und Oma Ochsenmauler.
Special FX,
Marke Eigenbau
"Simon hatte schon früher das Hobby zu filmen. Und er hat uns da mit reingezogen,
da wir in die gleiche Klasse gegangen sind. Er hat immer so Ideen für irgendwelche
Kurzfilme gehabt, die wir dann meistens in der Mittagspause gedreht haben", wie
Tiho erzählt. Nachdem jahrelang erstmal Funkstille war, hatten Simon und Hardy
sich daran gemacht, ein Drehbuch zu schreiben und die alten Kumpels wieder auf
den Plan zu rufen. Die Namen der Filmfiguren sind in der Mathestunde der Berufsschule
entstanden, die Sprüche dagegen alles Erfahrungswerte.
Als es dann endlich mit dem Dreh soweit war, wurden so elementare Dinge wie Regie
und Kamera in Teamwork untereinander aufgeteilt. "Jeder hat etwas besser gekonnt als
der andere", so Simon. Jörg fügt hinzu:"Vieles kam auch spontan am Set, da uns da
noch Gags eingefallen sind." Es kam öfters vor, daß die Jungs einfach mal drauf los
gedreht hatten, und hin und wieder gar nicht wußten, wie weiter. "Viele Einstellungen
und Dialoge wurden von uns manchmal am Abend vor dem Dreh geschrieben",
meint Simon.
Gefilmt wurde mit einer ganz normalen Handkamera, der komplett fertige Streifen wurde
mit zwei Videorecordern geschnitten. Hinzu kamen ein bißchen Nachvertoner und
Bildheller. Mit einem geliehenen Titelgenerator entstand der Vorspann.
Sogar mit Special FX kann der Film aufwarten: In der Szene, in der Kermet den Kopf
abgeschlagen wird, wurde einfach ein Oberkörper gebaut und ein Styroprokopf mit
angeklebten Harren draufgesetzt. Ebenso, als Lorenzo das Herz herausgerissen wird.
Hier haben die Fünf ein Hemd über einen Bügel gespannt und das T-Shirt an einer
bestimmten Stelle eingeritzt. Ein bißchen rote Farbe und ein Schweineherz bewirken
ihr übriges. Vor allen Joe tat sich bei den handwerklichen sachen als Künstler hervor.
Diagnose: Positiv
"Die Ausländer haben absolut positiv auf den Film reagiert. Türken sind nicht weniger
Fans von dem Film als Deutsche", erzählt der Kroate Tiho, welcher übriens nicht der
einzige ausländische Mitwirkende in "Dei Mudder ..." ist. Denn in diesen Streifen werden
keine fiesen Witze a la Stammtisch zum Besten gegeben. Viel eher ist der Film eine
bissige, aber nicht bösartige Sozialkritik auf unsere multikulturelle Gesellschaft anzusehen.
Vor allem der Konflikt in der Jugendszene soll hier überspitzt aufgezeigt werden. Joe dazu:
"Aus dem Leben, jeder kennt es, aber übertrieben dargestellt". "Ein beliebtes Gerücht ist
auch, daß wir schon ein paar aufs Maul bekommen hätten. Wenn wir abends ausgehen,
kommt schon mal die Frage: Na wie geht`s? Schon aus dem Krankenhaus zurück? Mein
Standartspruch zum Thema: Wenn`s drei Gymnasiasten wären, die Hochdeutsch reden,
wärs einfach nicht witzig ...", ergänzt Simon.
Zum Kultfilm wurde "Dei Mudder ..." durch den Schneeballefekt:"Angefangen hat es mit
einem Kumpel, der es geil gefunden hat. Dann wollte ein Kumpel vom Kumpel auch eine
Kopie. So ging es weiter, bis mal einer gefragt hat, ob man den Film auch kaufen kann.
So nach und nach haben wir den Film dann in Videotheken ausgelegt", erinnert sich Jörg.
Der Rems-Murr Kreis, sprich: Waiblingen, Winneden, Backnang und Schorndorf, war
ziemlich schnell eingedeckt. Simon:"Was im Kreis Waiblingen funktioniert, funktioniert auch
in Stuttgart, Esslingen, Heilbronn, Ludwigsburg, ...". Mittlerweile ist der Film sogar in
München, Frankfurt oder Lübeck bekannt, von einem Fanclub in Reutlingen wird ebenfalls
berichtet. Auch den Starruhm bekommen die Jungsam eigenen Leib zu spüren: Autogramme
geben oder Fotos machen sind keine Seltenheit mehr. Mit dem unerkannt Ausgehen hat es
sich schon lange erledigt. Simon:"Wir haben den Film in erster Linie für uns selbst gemacht
und nicht fürs breite Publikum. Beim Drehen hatten wir kaum Unterstützung. Es ist unser
Humor, der da so gut ankommt!"
Fortsetzung folgt ...
Deswegen schreiben die fünf gerade am Drehbuch zum Sequel. "Alles schreit danach, das sind
wir den Leuten einfach schuldig", meint Tiho. Der Titel ist noch unbekannt, auch über die Handlung
ist man sich noch im Unklaren. Nur soviel: Kermet`s Vater liegt im Sterben, kann aber noch nicht
beruhigt zu Allha gehen, da er noch einige Rechnungen offen hat. Sein ältester Sohn muß deshalb
noch ein paar Leute aus dem Weg räumen ...
Zudem soll es ein Wiedersehn mit vielen alten Bekannten geben, wie z. B. Tante Fatma. Die
gesamte Besatzung vom ersten Teil ist wieder dabei, außerdem kommen Neue dazu.
Technisch soll dieses Mal viel professioneller ablaufen. Die Band "Carnival of Souls" aus Vaihingen
sorgt für den Soundtrack. Darüber hinaus wollen Kermet und Öcrem in einem privaten Tonstudio
einem eigenen, lustigen Gangsta-Rap aufnehmen. Um diesen Amateurfilm den entsprechenden
optischen Schliff zu verpassen, wird von der Hand- auf die digitale Schulterkamera umgeschwenkt.
Da ein Kultfilm auch eine entsprechende Propaganda braucht, soll mit T-Shirts, Plakaten und
Autoaufklebern Merchandising betrieben werden. Eine große Premierenparty zum Event steht
zudem auf dem Programm. Voll korräääkt Lan!!!
So sieht der Viedeo aus. Falls ihr ihn sucht.